Trennungsjahr: Warum ist es wichtig und was bedeutet es?
Gem. § 1565 II BGB kann eine Ehe grundsätzlich nur geschieden werden, wenn die Ehegatten bereits ein Jahr getrennt lebten (sog. Trennungsjahr). Etwas Anderes gilt nach § 1565 II BGB nur dann, wenn das Weiterführen der Ehe für einen der Ehepartner aufgrund der Person des anderen Ehepartners unzumutbar wäre.
Warum das Trennungsjahr wichtig?
Die Ehe ist ein verbindlicher Vertrag, welcher gem. § 1353 I BGB auf Lebenszeit geschlossen wird und somit auf Dauer angelegt ist. Der Sinn der Regelung des § 1565 II BGB liegt darin, die Bestandskraft der Institution der Ehe zu bewahren. Beide Ehegatten sollen durch das Trennungsjahr von einer voreiligen Entscheidung über eine Trennung abgehalten und animiert werden, sich ausführlich mit ihren Scheidungsgedanken auseinanderzusetzen und sich im besten Fall wieder zu versöhnen. Ferner sollen den Eheleuten die möglichen Folgen einer Scheidung wie Sorgerecht, Unterhalt oder Umgangsrecht bewusst werden.
Wann beginnt das Trennungsjahr?
Das Trennungsjahr beginnt rechtlich gesehen grundsätzlich dann, wenn die Eheleute sich trennen. Voraussetzung dafür ist gem. § 1567 I BGB, dass die Ehegatten keine häusliche Gemeinschaft mehr bilden, was in der Regel dann der Fall ist, wenn einer der beiden Eheleute aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen ist. Wichtig hierbei ist, dass die Trennung offen zwischen den Ehepartnern kommuniziert wird und eventuell schriftlich festgehalten wird.
Wohnen beide Ehegatten jedoch weiterhin in der gemeinsamen Ehewohnung, kann ein Getrenntleben gem. §§ 1565 II, 1566, 1567 BGB nur dann angenommen werden, wenn nur noch wenige Gemeinsamkeiten bestehen und „ein der konkreten Wohnsituation entsprechendes Höchstmaß an räumlicher Trennung nachgewiesen ist“ (OLG Brandbg, 4. Senat, 13 UF 16/21). Erforderlich hierfür ist insbesondere das Nutzen von getrennten Schlafzimmern und, dass das Getrenntleben auch nach außen in Erscheinung tritt, indem die Eheleute beispielsweise getrennte Haushalte führen und keine wesentliche persönliche Beziehung mehr pflegen. Jedoch steht der Annahme des Getrenntlebens ein freundschaftlicher und respektvoller Umgang nicht entgegen (OLG Frankfurt, 1. Senat, 1 UF 160/23).
Kann ich mich auch vorher scheiden lassen?
Das Trennungsjahr muss gem. § 1565 II BGB nur dann nicht eingehalten werden, wenn das Weiterführen der Ehe eine unzumutbare Härte für einen der Ehegatten darstellen würde (sog. Härtefallscheidung). Solche Härtefälle liegen jedoch nur bei besonders schwerwiegenden Fällen und Verhaltensweisen des Ehepartners vor. Beispiele für das Vorliegen von Härtefällen sind:
- Körperliche Bedrohungen, Beleidigungen und Misshandlungen durch den Ehepartner (insb. in Anwesenheit der Kinder)
- Alkoholmissbrauch und Ablehnung / Scheitern einer Entzugstherapie
- Drogenmissbrauch
- Straftaten
- Vergewaltigung des Ehepartners
- Morddrohungen gegen den Ehepartner
- Eheschließungen, um Aufenthaltstitel zu erhalten
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass durch das Verhalten des Ehepartners für den anderen eine unzumutbare Lebenssituation geschaffen werden muss. Derjenige, welcher eine Härtefallscheidung erwirken möchte, muss das Vorliegen solcher unzumutbaren Verhaltensweisen jedoch nachweisen. Die endgültige Entscheidung, ob ein solcher Härtefall vorliegt, trifft das zuständige Familiengericht.
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