In Deutschland haben die meisten Eltern das gemeinsame Sorgerecht, auch nach der Scheidung. Gemeinsames Sorgerecht bedeutet, dass beide Elternteil die Verantwortung für wichtige Entscheidungen im Leben ihres minderjährigen Kindes tragen und verpflichtet sind, das Kind zu erziehen, zu betreuen und ihm eine sichere Umgebung zu gewähren. Demgegenüber haben beide Elternteile grundsätzlich ein Recht auf Kontakt mit dem Kind. Das beinhaltet regelmäßigen Kontakt und Austausch mit dem Kind.

Auch im Falle einer Scheidung müssen beide Eltern bei Fragen, die wesentliche Lebensbereiche des Kindes betreffen, einvernehmlich zum Wohle des Kindes entscheiden – unbeachtet aller Streitigkeiten, welche zwischen ihnen aufgrund der Scheidung bestehen. Daneben besteht eine Unterhaltspflicht, für das Kind Unterhalt zu zahlen, unabhängig davon, bei welchem Elternteil das Kind lebt.

In bestimmten Fällen kann das zuständige Gericht einem Elternteil das alleinige Sorgerecht übertragen. Das kann z.B. der Fall sein, wenn das psychische oder physische Wohl des Kindes durch die Erteilung des gemeinsamen Sorgerechts gefährdet sein würde, beispielsweise durch schwerwiegende Streitigkeiten zwischen den Eltern oder bei häuslicher Gewalt durch einen Elternteil. In der Regel wird dem Elternteil, welchem das Sorgerecht nicht erteilt wurde, weiterhin der Umgang mit seinem Kind gewährt, sofern das Gericht nicht etwas anderes entscheidet. Das Umgangsrecht ist somit nicht vom Sorgerecht abhängig. Es umfasst, dass der nicht sorgerechtsberechtigte Elternteil regelmäßig Zeit mit dem Kind verbringend darf.

Die Eltern sollten dabei, egal bei Geltendmachung welchen Rechts oder Erfüllung welcher Pflicht, das Wohl des Kindes als oberste Priorität ansehen.

Gemeinsames Sorgerecht: Was bedeutet das in der Praxis?

Gem. § 1626 I S.1 BGB haben die Eltern die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (sog. Elterliche Sorge oder Sorgerecht). Beide Elternteile haben die elterliche Sorge in eigener Verantwortung und in gegenseitigen Einverständnis zum Wohl des Kindes auszuüben, § 1627 S.1 BGB.

Erlangen des gemeinsamen Sorgerechts

Sind die Eltern verheiratet, erlangen beide Elternteile mit der Geburt des Kindes automatisch das gemeinsame Sorgerecht.

Sind die Eltern des Neugeborenen im Zeitpunkt der Geburt nicht miteinander verheiratet, erlangt dessen Mutter auch hier automatisch die elterliche Sorge. Der andere Elternteil wird rechtlich anerkannter Vater, wenn er gem. § 1592 Nr.2 BGB die Vaterschaft anerkannt hat oder die Vaterschaft gerichtlich festgestellt wird (§ 1592 Nr.3 BGB).

Zudem wird nach § 1626a I BGB weiter verlangt, dass beide Eltern eine gemeinsame Sorgeerklärung abgeben, sie nach der Geburt heiraten oder ihnen die elterliche Sorge gerichtlich übertragen wird. Das zuständige Gericht tut dies nur, wenn die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht im Widerspruch zum Wohl des Kindes steht, was allerdings, wenn der andere Elternteil keine entsprechenden Gründe vorträgt und solche auch nicht ersichtlich sind, vermutet wird, § 1626a II BGB.

Umfang des gemeinsamen Sorgerechts

Das Sorgerecht umfasst gem. § 1626 I S.2 BGB die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) sowie für das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge). Nach § 1629 I S.1 BGB ist auch die rechtliche Vertretung des Kindes umfasst.

Die Personensorge umfasst die Regelung der persönlichen Angelegenheiten des Kindes, insbesondere:

  • Pflege
  • Erziehung
  • Beaufsichtigung
  • Aufenthaltsbestimmung
  • Wahl der Schule / Ausbildung / Beruf
  • Bestimmung des Vor- & Familiennamens
  • Einwilligung in medizinische Maßnahmen
  • Religion

Im Rahmen der Vermögenssorge sind die Eltern zum Schutz und Erhalt sowie, wenn möglich, der Vermehrung des Kindesvermögens verpflichtet (§ 1642 BGB).

Die rechtliche Vertretung erteilt den Eltern die Befugnis Rechtsgeschäfte, Einwilligungen und Rechtsstreitigkeiten mit Wirkung für und gegen das Kind vorzunehmen.

Auswirkungen einer Trennung auf das gemeinsame Sorgenrecht

Im Falle der (nicht nur vorübergehenden) Trennung der Eltern, welchen beiden das Sorgerecht zusteht, ist stets das gegenseitige Einverständnis beider Elternteile in Bezug auf für das Kind bedeutende Entscheidungen einzuholen (§ 1687 I BGB). Dies gilt unabhängig davon, ob die Eltern verheiratet sind oder nicht. Können sich die Eltern in wichtigen Fragen nicht einigen, kann das zuständige Familiengericht die Entscheidung einem Elternteil auf Antrag übertragen (§ 1628 S.1 BGB).

Bei Entscheidungen bzgl. alltäglichen Angelegenheiten müssen die Eltern versuchen sich zu einigen (§ 1627 S.2 BGB).

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