Der Pflichtteilsanspruch gem. §§ 2303 ff. BGB ist ein gesetzlich garantierter Anspruch auf eine Beteiligung am Erbe, obwohl man nicht im letzten Willen des Erblassers bedacht wurde. Pflichtteilsberechtigte sind bestimmte Angehörige des Erblassers.

Möglichkeiten des Pflichtteilsanspruchs

1. Berechtigte Personen:

Nur bestimmten Personen im Umfeld des Verstorbenen steht ein Anspruch auf den Pflichtteil zu. Dazu gehören

• Kinder des Erblassers

• Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner

• Eltern des Erblassers (falls der Erblasser kinderlos ist)

2. Höhe des Pflichtteils

Gem. § 2302 Abs. 1 S.2 BGB besteht der Pflichtteil in der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Als Beispiel: Würde ein Kind des Erblassers nach der gesetzlichen Erbfolge 1/4 des Vermögens erhalten, so steht ihm ein Pflichtteil in Höhe von 1/8 des Vermögens zu.

3. Wann kann ich den Pflichtteil geltend machen?

Der Pflichtteilsberechtigte hat ab dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme über den Tod des Erblassers drei Jahre Zeit, seinen Pflichtteil geltend zu machen

4. Pflichtteilsergänzungsanspruch

Ferner steht dem Pflichtteilsberechtigten auch ein sog. Pflichtteilsergänzungsanspruch zu: hat der Erblasser in den letzten zehn Jahren Schenkungen vorgenommen, hat der Pflichtteilsberechtigte ebenfalls einen Pflichtteilsanspruch mit genau derselben Pflichtteilsquote am Nachlass des Verstorbenen. Mit dieser Regelung wirkt der Gesetzgeber dem Umstand entgegen, dass der Erblasser sein Vermögen durch Schenkungen zu Lebzeiten soweit mindert, dass der Pflichtteilsberechtigte am Ende gewissermaßen leer ausgehen würde.

Grenzen des Pflichtteilsanspruchs

1. Verjährung

Der Pflichtteilsanspruch unterliegt den Regeln der Verjährung gem. §§ 198, 199 BGB. Die Verjährung beträgt grundsätzlich drei Jahre. Die Verjährungsfrist beginnt erst ab dem Zeitpunkt, ab dem der Pflichtteilsberechtigte vom Erbfall (= Tod des Erblassers) und seiner Enterbung Kenntnis erlangt hat. Lässt der Berechtigte die Frist von drei Jahren jedoch verstreichen, ohne tätig zu werden, kann er seinen Pflichtteil nicht mehr einfordern.

2. Pflichtteilsentzug

Gem. § 2333 BGB kann der Erblasser einem Pflichtteilberechtigten den Pflichtteil entziehen. Dazu muss auf Seiten des Berechtigten ein schuldhaftes Vergehen gegenüber dem Erblasser vorliegen, was gem. § 2333 Abs. 1 BGB vorliegt, wenn der Berechtigte:

• den Erblasser, den Ehegatten des Erblassers oder einen anderen nahestehenden Verwandten oder Person des Erblassers töten möchte oder versucht hat zu töten

• sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Erblasser oder einer diesem nahestehenden Person strafbar macht

• die ihm ggü. den Erblasser bestehende Unterhaltspflicht böswillig verletzt

• rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mind. 1 Jahr ohne Bewährung verurteilt wird

Der Pflichtteilsentzug muss gem. § 2236 Abs. 1 BGB in der letztwilligen Verfügung von Todes wegen festgehalten werden. Der Grund zur Entziehung muss nach § 2236 Abs.2 S.1 im Zeitpunkt der Errichtung des letzten Willens bestehen und in der Verfügung angegeben werden.

3. Erbschaftssteuerpflicht

Der Pflichtteilsanspruch gilt gem. § 3 Abs.1 Nr.1 ErbStG als Erwerb von Todes wegen und ist somit steuerpflichtig. Die Steuer entsteht jedoch erst mit Geltendmachung des Pflichtteils, § 9 Abs.1 Nr.1b ErbStG, nicht mit Tod des Erblassers.

4. Erbe besteht nur aus Verbindlichkeiten

Besteht das Erbe nur aus Verbindlichkeiten, z.B. in Form von Schulden, kann der Anspruch auf die Auszahlung des Pflichtteils für den Berechtigten irrelevant werden, da nur ein sehr geringer Vermögenswert besteht. Der Pflichtteilsberechtigte kann zwar dennoch seinen Anspruch geltend machen, allerdings ist der tatsächliche Wert des Erbes möglicherweise so gering, dass der Anspruch nicht gänzlich erfüllt werden kann.

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